Perturtbated fields
Wie soll zeitgenössische Kunst in der Zeit des Postkonzeptualismus aussehen? Intuitiv würde die Antwort die digitale Form von Kunst bevorzugen, eine mit neuen Medien entwickelte Hybridkunst zwischen Mensch und Maschine. Vermutlich würde die Form weniger eine figürlich klassische annehmen, die Umsetzung würde klar konzeptuell verlaufen. Das Feld der Skulptur/Plastik ist ein vorbelastetes Feld, da durch Formensprache schnell eine starke Verbindung zur kunstgeschichtlichen Vergangenheit hergestellt wird. Figürlich - klassisch, abstrakt/konzeptuell - zeitgenössisch? Gibt es eine Möglichkeit, die beiden Elemente im postkonzeptuellen Denken miteinander zu verknüpfen und weniger Gedanken daran zu verschwenden, was ist nun nicht mehr zeitgemäß oder zeitgenössisch? In meinen Arbeiten geht es mir nicht darum diesen Kampf auszutragen, vielmehr die beiden Positionen zu verbinden und anhand einer konzeptuellen Idee Skulpturen zu konstruieren.
Die kosmische Verflechtung ist meine Vorgabe zu einer programmatisch chaotischen Vorstellung von Kunst. Nachdem ich ertastet habe, wie unendlichen weit der Raum des Möglichen in der Skulpur ist, möchte ich mich auf keinen Fall von einer einzigen Ideologie einschränken lassen. Durch meine Verbindung zum Traditionellen aufgrund meiner Herkunft lassen die Objekte den Blick auf eine kultische Weltanschauung zu, jedoch bricht sich die Tradition in den futuristisch anmutenden abstrakten Skulpturen welche den absoluten Gegensatz zum traditionellen Vorgehen, der klassischen Arbeitsweise mit Holz, bilden. Wie am Beispiel der 3-D gedruckten Modelle in der Installation „Reproduktion- nein danke!“ welche einen weiblichen Körper darstellen, jedoch gleichzeitig wie spinnenartige, kosmologische Gestirne an der Wand kleben. In der Ausstellungsansicht werden sakrale Symboliken umfunktioniert und neu interpretiert. So reproduziere ich in meinen Skulpturen keine gesellschaftliche Norm, sondern suche nach einer neuen Form für die Darstellung von veränderten Idealen.
Die Skulptur „An eine Tradition gebunden“ spielt beispielsweise mit der Form einer abstrakten Madonna, in deren Gewand auch gleichzeitig die Form einer Vulva erkennbar eingearbeitet wurde. Durch die Abstraktion ist eine Mehrdeutigkeit möglich, welche ich mir bewusst aneigne, um Assoziationsketten auszulösen. Der kultisch-archaische Aspekt verbunden mit einer futuristisch gedachten Formensprache, lässt sich auch in der Skulptur „Back to business“ wiedererkennen. Diese Skulptur ist Knotenpunkt, um die anderen Skulpturen meiner künstlerischen Position zu einem ganzheitlichen Konzept zusammenzuführen. Geschichtlich gesehen war der Bereich Skulptur ein männlich dominiertes Kunstfeld und die Repräsentation der Frau in der Kunstgeschichte stets eine dem männlichen Blick gefälligen Abbild. Der gesellschaftliche Wandel zeigt immer mehr die Selbstbestimmung der Frau und es ist mir wichtig mit „Back to business“ daran anzuknüpfen. Somit ist die Skulptur die Darstellung eines weiblichen Avatars, einer digitalisierten Form des Weiblichen, ein dreidimensionales Manifest.
Wenn sich also unsere Zeitgenossen mit der Entsubjektivierung, mit der Erschaffung eines Avatares beschäftigen, dann hat das hoffentlich auch zur Folgerung, dass wir ein Stück weit unseren anthropozentrischen Blick auf die Welt verlassen, hin zu einer kosmologischen Vision. Dass dieser Gedanke uns heut noch schockiert, zeigt lediglich, dass wir zu lange in diesem Weltbild feststecken. Während gerade unser System kollabiert, möchte ich einen Weg der geteilten Intimitäten, die auf eine neue Gesellschaft der Einsamkeit fußt, aufzeigen. Das Zerfließen von Idealen in eine permanente Wandlung ist meiner Ansicht nach, das beste Bild für Kunst allgemein.